Kunstradfahren im Wandel der Zeit

Sandra Bücher, Kunstradfahren im Wandel der Zeit. Von den artistischen Anfängen bis zum modernen Wettkampfsport unter besonderer Berücksichtigung der Radsportbewegung in Rheinhessen, Mainzer Studien zur Sportwissenschaft, herausgegeben von Dieter Augustin, Eike Emrich, Manfred Letzelter, Manfred Messing, Norbert Müller, Band 31, Schors-Verlag Niedernhausen/Ts., 2013, 169 Seiten

Für ihre Wissenschaftliche Prüfungsarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien hat Sandra Bücher ein Thema gewählt, das sowohl ihre Erfahrungen als Leistungssportlerin im Einer-Kunstfahren, als auch die Verbundenheit mit ihrer rheinhessischen Heimat widerspiegelt. Das Thema wurde von dem Mainzer Sporthistoriker Prof. Dr. Norbert Müller gestellt. Im November 2013 wurde Sandra Bücher für ihre Arbeit mit dem Berno-Wischmann-Preis der Sportwissenschaftliche Gesellschaft Mainz e.V. ausgezeichnet.

Von ihrer frühen Kindheit bis kurz vor dem Abschluss ihres Studiums hat die Autorin im Rad- und Sportverein 1921 Klein-Winterheim das Einer-Kunstfahren betrieben. In dieser Disziplin ist sie bald in Rheinhessen und Rheinland-Pfalz an die Spitze gefahren und wurde Mitglied der Leistungskader auf regionaler und nationaler Ebene. Bei den Deutschen Juniorenmeisterschaften 2005 in Erfurt gewann sie mit einer fast fehlerfreien Kür den Titel und behauptete sich auch in der Elite-Klasse, trotz mancher Verletzungen, über viele Jahre in der nationalen Spitze.

In 130 Jahren hat sich das Kunstradfahren von artistischen Anfängen zu einem modernen Wettkampfsport entwickelt. Über diesen langen Zeitraum hinweg erfuhr das Kunstfahren unterschiedliche Ausprägungen in seinen Disziplinen und deren Regelwerk, in den Zielen, die sich die Sportlerinnen und Sportler gesetzt, und in den Intentionen, welche die Radsportvereine und Radsportverbände verfolgt haben.

Das Kapitel „Die Wurzeln des Kunstradfahrens“ beginnt mit der Frühgeschichte des Kunstradfahren als „Lückenfüller“, zeichnet ein Porträt von Nicholas Edward Kaufmann, dem „Vater" des Kunstradfahrens, mit seiner Artistentruppe und beschreibt anschaulich die ersten Kunststücke der Akrobaten auf dem Hochrad.

Ausführlich und illustriert durch viele bildliche Darstellungen geht die Autorin auf die „Entwicklung des Kunstradfahrens“ in seinen verschiedenen Formen und Disziplinen und dokumentiert sorgfältig die Erstellung von Wertungs- und Wettkampfbestimmungen mit ihren zahlreiche Modifikationen bis in die Gegenwart.

Mit der Geschichte des Kunstradfahrens in Rheinhessen schließt der Textteil der Arbeit ab. Am Beispiel des früheren Verbandes „Mittelrhein“ bzw. „Rheinhessen“ und dem aktuellen Bezirk innerhalb des Radsportverbandes Rheinland-Pfalz, der im Hallenradsport bis heute zur nationalen Spitze zählt, werden die Chancen und Probleme des Kunstradsports angesichts der Ausweitung des Sportangebotes und der Veränderungen im Vereinswesen aufgezeigt.

Eine wahre Schatzgrube für die Freunde des Kunstradsports bilden die Verzeichnis mit aussagekräftigen Abbildungen, Tabellen und Anhängen.

Es wäre zu wünschen, wenn der Hallenradsport, wie er bis zum Verbot 1933 und in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg – durchaus in einer eigenständigen Form - in den Verbänden und Vereinen des Rad- und Kraftfahrerbund „Solidarität“ 1896 e. V. gepflegt wurde, eine vergleichbare Darstellung und Würdigung erfahren würde.

Das Rheinhessische Fahrradmuseum hat die Veröffentlichung der Arbeit von Sandra Bücher zur Geschichte des Kunstradfahrens in der von Prof. Dr. Norbert Müller betreuten Reihe "Mainzer Studien zur Sportwissenschaft" unterstützt. Einen wesentlichen finanziellen Beitrag haben die Kulturstiftung des Landkreises Mainz-Bingen und die LOTTO Stiftung Rheinland-Pfalz geleistet.