Mainzer ist "oberster Sportberater" des Papstes

Der Olympia-Forscher Norbert Müller wurde in den Laienrat des Vatikans berufen - als einziger Deutscher

Allgemeine Zeitung vom 17.07.2008

MAINZ (Ulrich Gerecke)  Norbert Müller ist ganz schön herumgekommen in der Welt. Jetzt ist der Mainzer Olympia-Forscher sogar in den päpstlichen Laienrat berufen worden - als einziger Deutscher.  Dutzende Olympische Spiele hat der renommierte Professor Norbert Müller besucht, er hat die Schriften des Olympiagründers Pierre de Coubertin auf Chinesisch herausgegeben und als Vizepräsident des Internationalen Fair-Play-Komitees Nelson Mandela den Fair-Play-Preis verliehen. Nach dem Bestechungsskandal um die Winterspiele 2002 wurde er als Sportethik-Experte für die Strukturreform des Internationalen Olympischen Komitees zu Hilfe gerufen - neben Henry Kissinger.

Doch sein neuestes Amt markiert selbst für den mittlerweile 61 Jahre alten Olympiaforscher eine echte Lebenswende. Für die nächsten fünf Jahre gehört Müller dem "Pontificium Consilium Pro Laicis" (Päpstlicher Laienrat) an, die Ernennungsurkunde in lateinischer Sprache kam direkt aus dem Vatikan. Unterschrieben ist sie von Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone, dem "Regierungschef" von Papst Benedikt XVI. Müller ist der einzige Deutsche Leute im Land unter den 25 Laien und der einzige Experte für Sport. Man könnte ihn damit als den "obersten Sportberater" des Papstes bezeichnen.

Christliche Erziehungsideale haben - neben dem Sport - im Leben des früheren Hochspringers immer eine herausragende Rolle gespielt. Sie wurden Müller in seinem kinderreichen katholischen Elternhaus in Speyer quasi in die Wiege gelegt. In seinen Forschungsarbeiten über Fair Play, olympische Geschichte und Erziehung hat Müller ethische Werte stets in den Mittelpunkt gerückt, er selbst sieht sich als "Philanthrop" und glaubt an die Ideale eines Sports, der zur Verständigung und Solidarität über Grenzen hinweg beitragen kann.

"Irgendwann muss jemand im Vatikan meine Aufsätze über Sportethik im Internet entdeckt haben", erzählt Müller, wie es im Jahr 2004 zu seinem ersten Besuch in Rom kam. Vier Jahre zuvor hatte Papst Johannes Paul II. vor 100000 Sportlern im römischen Olympiastadion eine Aufsehen erregende Predigt gehalten; danach war im Vatikan die Idee gereift, eine "Stabsstelle" für Sportfragen zu schaffen. Bei ihren Recherchen stießen die Kirchenmänner - genau, auf Norbert Müller.

Der reiste also nach Rom, sprach mit Kardinälen und Bischöfen, legte seine Ideen dar, vor allem zur Notwendigkeit eines Dialogs zwischen den Weltreligionen über eine "Welt-Ethoscharta des Sports". "Offensichtlich haben ihnen meine Standpunkte gefallen, wobei meine Erfahrung in der Kontaktarbeit von Kirche und Sport im Deutschen Olympischen Sportbund und im Landessportbund seit Jahrzehnten reich und vor allem ökumenisch geprägt ist." In jedem Fall hinterließ er in Rom so viel Eindruck, dass man ihn jetzt als ersten Repräsentanten des Sports überhaupt in den Laienrat berief. Dieser tagt zwei Mal im Jahr in Rom, das nächste Mal Mitte November. Dann werden Müller und seine neu berufenen Mitstreiter von Papst Benedikt XVI. in einer Privataudienz begrüßt.

Inhaltlich wird sich Müller vor allem für Anfragen zu Sport, Leibeserziehung und den Olympischen Spielen bereit halten. Dabei spielt die Vertiefung des Sportengagements innerhalb der christlichen Erziehung an den weltweit über 200000 katholischen Schulen eine besondere Rolle.

Große Pläne hat der Professor aus Mainz: So schwebt ihm ein Papst-Johannes-Paul-II.-Sportdiplom vor, das katholische Schulen an sportlich und sozial engagierte Schüler verleihen sollen. Schließlich war Johannes Paul II. selbst als Fußballer, Kanute, Bergsteiger und Skiläufer aktiv. Und das Diplom ist sicher nicht die letzte Idee für sein neues Amt, das Müller voller Vorfreude antritt: "Es ist schon etwas ganz Besonderes und eine große Ehre, als einziger deutscher Laie und als einziger Sport-Vertreter in so einem Gremium zu sitzen."